An einem Sommertag des Jahres 386 drang eine leise Kinderstimme an das Ohr von Aurelius Augustinus. Er hatte sich in seinen Garten in Mailand zurückgezogen und rang unter einem Feigenbaum mit sich selbst. Während seines Studiums in der Handelsmetropole Karthago war er in das pulsierende Stadtleben eingetaucht und hatte sich dem Manichäismus zugewandt – einer ursprünglich persischen Religion.
„Nimm und lies! Nimm und lies!“
Augustinus erkannte in der Stimme einen göttlichen Anruf. Er griff zur Bibel und schlug sie auf. Sein Blick fiel auf eine Stelle im Römerbrief des Apostels Paulus:
„Lasst Jesus Christus, den Herrn, euer ganzes Leben bestimmen, und hätschelt nicht eure alte selbstsüchtige Natur, damit die Begierden keine Macht über euch gewinnen.“
Der zaudernde Lebemann ließ sich von diesen Worten persönlich treffen. Später bekannte er: „Ich las nicht weiter, es war wahrlich nicht nötig, denn alsbald am Ende dieser Worte kam das Licht des Friedens über mein Herz und die Nacht des Zweifels entfloh.“
Augustinus schilderte seinen inneren Wandlungsweg in den „Bekenntnissen“, einem seiner Hauptwerke, das – nebenbei bemerkt – ein Meilenstein der autobiografischen Literatur wurde.
Meine Lebensgeschichte verlief ganz anders. Und doch sehe ich Parallelen:
- Lesen hat auch meinen Glauben beflügelt.
- Das beharrliche Lesen im Römerbrief hat meine Theologie geprägt.
- Auch ich hatte das Bedürfnis autobiografisch zu schreiben.
„Nimm und lies!“